Guten Tag, ich bin ein Arschlochkind!
Fiese Kinder – ein Phänomen, welches scheinbar überall lauert.
Ein kleiner Ausflug in den Kosmos der Terror-Zwerge.
Kennt ihr das? Euer Kind kommt nach Hause und erzählt mal wieder Horror-Geschichten über die lieben Klassenkameraden. Ganz nonchalant, zwischen Küche schrubben und Essen machen, platzt es aus ihm heraus und es erzählt, was eines der “fiesen Kinder” mal wieder Gemeines getan hat.
Was genau ist denn ein fieses Kind?
Böse Kinder. Arschlochkinder. Wir alle kennen diese wenig charmanten Ausdrücke. Aber was steckt denn nun genau dahinter? Was charakterisiert denn nun eigentlich ein fieses Kind? Die landläufige Meinung ist wie folgt: das sind Kinder, die im allgemeinen wenig Empathie gegenüber ihren Mitmenschen aufbringen und meist stets auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Soweit die schnöde Theorie …
Aber wer ist denn nun WIRKLICH Schuld daran, wenn Carrie, Satans Braut, am eigenen Frühstückstisch sitzt und vermeintlich harmlos ihr Nutella-Brot verdrückt. Das soziales Umfeld oder ganz platt gar die Eltern? Das alleine wäre zu kurz gedacht. Es gibt, wie meist, eine Reihe anderer Faktoren, die ins Feld der Betrachtung geworfen werden müssen.
Wir alle haben schon mal Bekanntschaft mit einem Arschlochkind gemacht und ich habe das subjektive Gefühl, dass es immer mehr davon gibt.
Und wie schon Meister Eder bei Pumuckl fast schon visionär feststellte:
“Es muss a Blede ge’m! Aber es wern hoid oiwai mehra!” – Meister Eder
Was machen fiese Kinder den schönen, langen Tag
Ich kenne Kinder, die hinterfotzig sind. Die im Vorbeigehen, ohne ersichtlichen Grund, einem andern Kind mit den Ellenbogen ins Gesicht schlagen. Warum? Einfach so – weil sie es können.
Ich kennen Kinder, die manipulativ und gemein sind. Die Mitschüler vor der gesammelte Klasse erniedrigen und beschimpfen. Wegen Nichtigkeiten. Warum? Einfach so – weil sie es können.
Ich kenne Kinder, die so empathielos sind, dass einem schier die Worte fehlen. Für diese Kinder ist Einfühlungsvermögen ein Fremdwort. Diese kleinen Psychoterroristen scheren sich nicht um das Leid ihrer Kameraden und machen sich über vermeintliche Schwächen, wie Übergewicht oder Behinderungen jeglicher Art, auf übelste Weise lustig. Sie hänseln, verprügeln und mobben was das Zeug hält. Warum? Einfach so – weil sie es können.
Ich kenne Kinder, die sadistisch sind und eine Mordsfreude entwickeln, Regenwürmer zu teilen, Kühe zu schubsen oder Frösche aufzublasen. Warum? Einfach so – weil sie es können.
Eine kleine Anekdote meines Mannes aus seiner Tätigkeit beim Jugendgericht: Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass mehr als die Hälfte der männlichen Jugendstraftätern, schon einmal Tiere gequält haben.
Es besteht also ein nicht zu unterschätzender Zusammenhang zwischen, z.B. Kätzchenertränken und einer Veranlagung Gesetze zu brechen. Ziemlich gruselig wenn man mich fragt …
Ich schnappe mir das Arschlochkind und …
Wenn meine Kids mir derartige Geschichten erzählen, steigt mein Blutdruck rasant. Am liebsten würde ich mich sofort auf die Socken machen und mir das Bürschchen vorknöpfen. Mein Mann, als alter Pädagoge:), bremst mich dann aus. Es ist meist nicht zielführend den direkten Weg zum Arschlochkind zu gehen.
Wie immer, sollte man die Kommunikation suchen. Zuerst mit dem Lehrer, dann mit den Eltern. Die Theorie ist einfach, die Umsetzung fällt (MIR) ungleich schwerer.
Verstöße gegen die Regeln müssen Psychologen zufolge eine gewisse Befriedigung bringen, attraktiver sein als drohende Bestrafung. Eltern kennen das unter dem Schlagwort “negative Aufmerksamkeit” – das Kind versucht, durch Provokationen und Fehlverhalten aufzufallen – koste es, was es wolle. Und der Preis dafür ist meist hoch. Es möchte dadurch das bekommen, was am meisten fehlt: echte Zuwendung.
Und die ist dann wichtiger als jede Strafe. Das ist ein Mechanismus, den ich als Mutter verstehen kann.
Arschloch-Eltern = Arschloch-Kinder?
Eine meiner liebsten und wie ich selbst weiß, äußerst fragwürdigen Theorien ist: Arschloch-Eltern = Arschloch-Kinder.
Selbstbeweihräucherung liegt mir fern, aber ich muss sagen, dass meine Erfahrung zeigt, dass hier durchaus eine gewisse Korrelation besteht :).
Natürlich sind die Gründe viel komplexer und würden an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Es ist ein buntes Potpourri, ein Zusammenspiel aus vielerlei Faktoren, die diese negativen Verhaltensweisen befeuern. Der präfrontale Cortex spielt eine nicht minder wichtige Rolle dabei.
Psychologen und Kinderärzte betonen, dass kleine Kinder vor allem imitieren, was sie sehen oder hören. Bestenfalls ist das ein familiäres Umfeld, in dem Kraftausdrücke ebenso vermieden werden wie Psychospielchen oder verbale Gewalt. Schlimmstenfalls sind das Menschen, die im Beisein Minderjähriger brutale Videos, Computerspiele oder pornografische Darstellungen konsumieren. Oder Eltern, die selbst gewalttätig werden, was so oft eine generationenübergreifende Wiederholung nach sich zieht.
Es gibt etliche Untersuchungen zum Thema Verhaltensauffälligkeit – und fast alle lassen Eltern ein wenig ratlos zurück, weil jedes “böse Kind” letztlich ein großes Puzzle aus Geschichte und Persönlichkeit ist. Einzelne Erkenntnisse allerdings sind mir im Gedächtnis geblieben: Schon Eineinhalbjährige sind demnach in der Lage, Empathie zu empfinden. Dreijährige haben bereits ein Verständnis für Regeln, leiten davon ab, was gewollt und ungewollt ist.
Soziale Rotzlöffel
Auch meine Kinder sind keine Engel und können tierische Rotzlöffel & Rabauken sein, die sich streiten und hauen.
Aber, sie sind soziale Rotzlöffel!
Sie würden nie andere Menschen, aufgrund Äußerlichkeiten oder anderer Umstände, fertigmachen oder Freude an Zerstörung haben.
Eine fast ketzerische Frage dabei: Gibt es böse Kinder überhaupt oder sind es immer nur die Umstände, die sie dazu machen.
Kinder sind ein Geschenk Gottes
Kinder sind ein Geschenk Gottes und stecken grundsätzlich voller Liebe.
Ich als unverbesserlicher Sozialromantiker gehe davon aus, dass kein Kind von Natur aus böse ist. Aber was ist es dann was über über gut oder böse entscheidet?
Mein Mann hat mir von seiner Zeit im Jugendamt erzählt, dass er Familien betreute, wo ein Kind bezaubernd, das andere jedoch stark verhaltensauffällig war und alle Regeln brach. Gleiches Umfeld, jedoch andere Eigenschaften. Es muss also schon etwas im Charakter selbst verankert sein. Menschen sind nun mal vielschichtig. Es scheint ein Mosaik aus Genen, Umfeld, Erfahrung und der Peergroup zu sein.
Auch wirkt die Peergroup (soziale Gruppe mit großen Einfluß, Clique, enge Freunde o.ä.) entscheidend an der Persönlichkeitsbildung von Kindern mit.
Man hat es als Eltern manchmal nicht in der Hand, wohin sich das Kind entwickelt. Da kann die Erziehung noch so “gut” und liebevoll sein, wenn der Freundeskreis falsch ist, kann es in eine denkbar ungünstige Richtung gehen.
Aber eines hat die langjährige Jugendamtserfahrung meines Mannes mit schwer erziehbaren Kindern gezeigt und das werde ich nie vergessen. Wenn die Erziehung auf Liebe, Vertrauen, Kommunikation und Unterstützung basierte, findet das Kind aus dem Dschungel wieder zurück nach Hause. Es erinnert sich an seine gute Basis, die nur vorübergehend verschüttet ging.
Wie Eltern zumindest ein klein wenig positiv beeinflussen können:
Eltern wissen, dass Kinder vor allem nachahmen, was ihre großen Vorbilder (bis zum Eintritt der Pubertät: Mama & Papa:)), machen und vorleben.
Das sind im Idealfall:
- NICHT Dauerfluchen
- KEINE kleinen Kätzchen ertränken
- KEINE Psychospielchen
- KEINE Gewalt
- KEINE brutalen Computerspiele, Videos etc.
Fazit:
Wir sind alle gute Eltern und geben unser Bestes. Auch wenn die kleinen Racker mal Dinge tun, die wir nicht so gut finden.
Die Wahrscheinlichkeit ist trotz aller Unkenrufe groß, dass aus einem Arschlochkind, ein toller Mensch wird. Das passiert nicht von heute auf jetzt, wahrscheinlich auch nicht von ganz alleine, aber es wird passieren.
Und sind wir doch mal ehrlich. Irgendwie sind wir ab und zu, doch alle mal Arschlochkinder! 🙂
In diesem Sinne, ganz viel Liebe
Irina